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Freshfields Risk & Compliance

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Änderung der Anlageverordnung: mehr Infrastruktur, Risikokapital und Flexibilität

Die englische Version dieses Artikels finden Sie hier.

Der Regierungsentwurf zum 2. Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 18. September 2024, der auch Änderungen an der Anlageverordnung (AnlV) vorsieht, wurden nach dem Bruch der Ampelkoalition auf Eis gelegt. Am 5. Februar 2025 gab das Bundesministerium der Finanzen (BMF) jedoch überraschend kurzfristig bekannt, dass die Änderungen an der AnlV isoliert in Kraft gesetzt werden. Die 8. Änderungsverordnung zu Verordnungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) wurde am nächsten Tag, am 6. Februar 2025, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist ab dem 7. Februar 2025 anzuwenden. Die im Regierungsentwurf des 2. Betriebsrentenstärkungsgesetzes vorgeschlagenen Änderungen wurden unverändert verabschiedet. Die AnlV konkretisiert die qualitativen und quantitativen Vorgaben für die Anlage des Sicherungsvermögens kleiner Versicherungsunternehmen sowie von Sterbe- und Pensionskassen und ist über Verweise in den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften auch auf zahlreiche Versorgungswerke anwendbar. Eine Verbändeanhörung war bereits zum 2. Betriebsrentenstärkungsgesetz durchgeführt worden und daher nicht mehr erforderlich. 

In diesem Blogbeitrag erläutern und kontextualisieren wir die wenigen, aber wesentlichen Änderungen der AnlV, die insbesondere im Hinblick auf Infrastrukturanlagen erhebliche Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit von Investoren haben dürften, die der AnlV unterliegen:

  • Infrastrukturinvestments: Einführung einer Infrastrukturquote, Erweiterung der erwerbbaren Anlagegenstände für Private Equity-Fonds und weitere relevante Entwicklungen bei Infrastrukturanlagen (1.)
  • Erhöhung der Quote für Risikokapitalanlagen (2.)
  • Nutzung der Öffnungsklausel bei Überschreitung der Streuungsvorgaben (3.)

1. Infrastrukturinvestments

a) Einführung einer Infrastrukturquote 

Die im Vorfeld am häufigsten diskutierte Änderung der AnlV betrifft die Einführung einer eigenen Infrastrukturquote in Höhe von 5 % des Sicherungsvermögens (§ 3 Abs. 7 AnlV). Bisher wurden Infrastrukturinvestments je nach konkreter Ausgestaltung der Anlage auf andere Mischungsquoten nach § 3 Abs. 1 bis 6 AnlV angerechnet, beispielsweise auf die Quote für Risikokapitalanlagen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AnlV oder Immobilienanlagen nach § 3 Abs. 5 AnlV. Diese Quoten waren allerdings aufgrund der zunehmenden Allokation des Sicherungsvermögens auf alternative Vermögensanlagen häufig ausgeschöpft. Die Einführung einer eigenen Infrastrukturquote soll die Attraktivität dieser Anlageklasse erhöhen und die politisch gewollten Infrastrukturinvestitionen durch die betreffenden Unternehmen fördern, indem sie nicht mit mehr mit anderen Anlagen um die bestehenden Mischungsquoten konkurrieren (Regierungsentwurf, S. 43). 

Der Regierungsentwurf des 2. Betriebsrentenstärkungsgesetzes stellt dazu klar, dass die neue Infrastrukturquote die Anlage des Sicherungsvermögens in Infrastruktur dabei nicht auf 5 % beschränkt, sondern Anlagen in Infrastruktur weiterhin entsprechend ihrer Anlageform nach § 2 Absatz 1 AnlV in den anderen Mischungsquoten berücksichtigt werden können. Sie müssen also nicht – auch nicht vorrangig – unter die Infrastrukturquote gezogen werden. 

Die neue Quote gilt für „direkte und indirekte Anlagen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten“, die nach § 2 Abs. 1 AnlV zulässig sind und “der Errichtung, dem Ausbau, der Sanierung, der Erhaltung, dem Bereitstellen, dem Halten, dem Betreiben oder dem Bewirtschaften von Infrastruktur dienen” (§ 3 Abs. 7 S. 2 AnlV). Infrastrukturanlagen müssen also zunächst einer der in § 2 Abs. 1 AnlV aufgeführten Kategorien zugeordnet werden können. Erfolgt die Anlagen in Infrastruktur etwa indirekt über einen alternativen Investmentfonds, muss dieser also weiterhin den Einschränkungen für offene Spezial-AIF nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 AnlV, Private Equity-Fonds nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b) AnlV, Immobilienfonds nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. c) AnlV oder alternative Investmentvermögen nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 AnlV entsprechen. 

Die Aufzählung der verschiedenen möglichen Bezugspunkte einer Infrastrukturinvestition in § 3 Abs. 7 S. 2 AnlV dürfte vor dem Hintergrund der Anpassung der Gesetzesbegründung im Regierungsentwurf weit zu verstehen sein, sodass sämtliche Sachverhalte, die der Finanzierung von Infrastruktur dienen, unter die neue Mischungsquote fallen sollten. Zum einen enthält der Regierungsentwurf den Hinweis, dass sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalinstrumente umfasst sind (Regierungsentwurf, S. 43). Zum anderen wurde im Regierungsentwurf die noch im  Referentenentwurf (S. 37) enthaltene Erläuterung entfernt, dass (nur) Vermögenswerte gemeint seien, die als im allgemeinen öffentlichen Interesse stehend anzusehen sind, bei denen der Projektbetreiber in einem Staat nach Maßgabe der jeweiligen Anlageform des § 2 Abs. 1 AnlV ansässig ist und die in diesem Staat belegen sind (Referentenentwurf, S. 37). Einige Verbände hatten auf das Risiko einer unnötigen Einschränkung der Anlagemöglichkeiten aufgrund dieser Anmerkung hinwiesen. Etwaige Belegenheitsanforderungen ergeben sich also ausschließlich aufgrund der Anforderungen des § 2 Abs. 1 AnlV.

Schließlich bestätigt der Regierungsentwurf, dass Anlagen zur Finanzierung von Infrastruktur im Sinne des § 3 Abs. 7 AnlV, die einem offenen Spezial-AIF beigemischt sind, auf die Infrastrukturquote angerechnet werden können (Regierungsentwurf, S. 43). Damit kam der Gesetzgeber einer Forderung des BVI nach (Stellungnahme des BVI. S. 4), der darauf hinwies, dass Sachwertefonds in Form von offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen nach § 284 KAGB mit Schwerpunkt auf Immobilien und einer Beimischung von Infrastruktur jedenfalls nach der bisher geltenden Verwaltungspraxis nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 AnlV (vgl. BaFin, Kapitalanlagerundschreiben, B.4.13) nicht von der neuen Infrastrukturquote nach § 3 Abs. 7 AnlV hätten profitieren können, sondern in solchen Sachwertefonds beigemischte Infrastrukturanlagen auf die Quote für Alternative Anlagen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 AnlV anzurechnen gewesen wären.

b) Erweiterung der erwerbbaren Anlagegegenstände für Private Equity-Fonds (§ 2 Abs. 1 Nr. 13b) AnlV) 

Des Weiteren zieht das BMF die bereits geübte aufsichtliche Verwaltungspraxis nach, im Rahmen der erwerbbaren Anlagegegenstände für Private Equity-Fonds nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b) aa) AnlV neben den Vermögensgegenständen nach § 261 Abs. 1 Nr. 4 KAGB – Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind – auch die in § 261 Abs. 1 Nr. 2 KAGB genannten Anteile oder Aktien an ÖPP-Projektgesellschaften und Infrastruktur-Projektgesellschaften zuzulassen. Da die Anlageverordnung dies bisher jedenfalls formal nicht zuließ, wird der Verweis auf § 261 Absatz 1 Nr. 2 KAGB in § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b) aa) AnlV ergänzt. Auch damit kam das BMF einer Forderung des BVI nach (Stellungnahme des BVI, S. 3).

c) Weitere relevante Entwicklungen

Infrastrukturinvestments erfahren derzeit auch im Kontext der durch das Fondsstandortgesetz zum 2. August 2021 eingeführten Infrastruktursondervermögen nach dem KAGB größere Aufmerksamkeit. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die am 20. Dezember 2024 zur Konsultation gestellten FAQs der BaFin zum Infrastruktursondervermögen, die zahlreiche Klarstellungen der Aufsicht zu diesem Fondsvehikel enthalten sollen. Die Konsultationsfrist lief bis zum 31. Januar 2025, sodass die weitere Befassung der BaFin und schließlich Veröffentlichung der FAQs hoffentlich in den nächsten Monaten erfolgen wird. Diese FAQs werden bei der Auslegung der erwerbbaren Anlagegegenstände für Private Equity-Fonds aufgrund des dortigen Verweises in das KAGB zu beachten sein.

In Erinnerung zu rufen ist in diesem Zusammenhang auch der am 21. Mai 2024 vorgelegte Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur (s. dazu unser Client Briefing), der Klarstellungen im KAGB und im InvStG zu Investitionen in Infrastruktur vorsah, sowie die im Regierungsentwurf eines 2. ZuFinG vom 27. November 2024 vorgeschlagenen Änderungen des InvStG im Hinblick auf Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur. Diese Themen werden voraussichtlich erst nach den anstehenden Bundestagswahlen und damit in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgegriffen. Auch diese Gesetzesentwürfe waren ausweislich ihrer Begründung dafür gedacht, einen attraktiven und verlässlichen Investitionsrahmen für die indirekte Anlage über Investmentfonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur zu schaffen.

2. Erhöhung der Risikokapitalanlagenquote

Schließlich wird die Risikokapitalanlagenquote nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AnlV von 35 % auf 40 % des Sicherungsvermögens erhöht. Auf diese Quote werden insbesondere Anlagen in Unternehmensbeteiligungen, Aktien und Private Equity-Fonds angerechnet. Nach der Begründung des Regierungsentwurf soll damit der Spielraum in der Kapitalanlage der der AnlV unterliegenden Unternehmen erweitert werden (Regierungsentwurf, S. 43). Die Quote für nicht-börsengehandelten Unternehmensbeteiligungen i.H.v. 15 % des Sicherungsvermögens, die für Anlagen innerhalb der Risikokapitalanlagenquote zusätzlich beachtet werden muss, bleibt dagegen unverändert. Der Regierungsentwurf weist darauf hin, dass die Unternehmen trotz Erweiterung der Quote weiterhin die Grundsätze des § 1 Abs. 3 und 4 AnlV beachten müssen, der erweiterte Spielraum also nur dann genutzt werden kann, wenn das Anlage- und Risikomanagement, die internen Kapitalanlagegrundsätze sowie die Risikotragfähigkeit des jeweiligen Unternehmens dies zulassen. 

3. Nutzung der Öffnungsklausel bei Überschreitung der Streuungsvorgaben 

Nach der sogenannten Öffnungsklausel des § 2 Abs. 2 AnlV kann das Sicherungsvermögen bisher auch in nach § 2 Abs. 1 AnlV eigentlich unzulässige Anlagen angelegt werden, sofern nicht die absoluten Anlageverbote des § 2 Abs. 4 AnlV greifen. Für diese Anlagen gilt eine Mischungsquote gemäß in Höhe von 5 % des Sicherungsvermögens, die mit Genehmigung der BaFin auf bis zu 10 % des Sicherungsvermögens erhöht werden kann (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 AnlV). Künftig sollen im Rahmen dieser Öffnungsklausel zusätzlich auch Anlagen erworben werden können, die die Vorgaben zur Streuung der Anlagegegenstände nach § 4 Abs. 1 bis 4 AnlV nicht erfüllen. Mit der Änderung wird daher mehr Flexibilität im Hinblick auf die Anlage bei einzelnen Schuldnern bzw. in einzelnen Anlagegegenstände geschaffen, was laut Regierungsentwurf die Möglichkeiten zur Anlage in Vermögenswerte mit höheren Renditen erweitern soll (Regierungsentwurf, S. 43). Eine Erhöhung der Kapazität der Öffnungsklausel geht damit allerdings nicht einher. Die im Rahmen der Öffnungsklausel angelegten Anlagen bleiben also weiterhin auf 5 % bzw. – bei Genehmigung der Aufsichtsbehörde – 10 % des Sicherungsvermögens beschränkt. 

 

Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung: Prof. Dr. Wessel Heukamp, Andreas Ruthemeyer, Dr. David Schwintowski, Dr. Sebastian Röger, Dr. Theresa Kreft, Laura Druckenbrodt, Jonas Regener

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financial institutions, infrastructure and transport, investment, regulatory, financial services, insurance, investment funds and managers, pension scheme funding